„Nachhaltigkeit – Bedeutung und Zweckentfremdung“

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Der Burschenvortrag unseres BB Alibi am 27. Oktober 2015 auf dem Staufenhaus hatte den in letzter Zeit fast  inflationär benutzten Begriff „Nachhaltigkeit“ zum Thema.
Die Gliederung des seines Vortrags setzte sich aus folgenden Punkten zusammen:

– Warum das Thema Nachhaltigkeit?
– Was ist Nachhaltigkeit?
– Beispiele und Verdeutlichung des Begriffs
– warum ist Nachhaltigkeit wichtig?
– Nachhaltigkeitsprojekte Pro und Contra

Warum das Thema Nachhaltigkeit?

Der Begriff Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. In den Medien, der Politik und in der Wirtschaft ist er nicht mehr wegzudenken. Nachhaltige Entwicklung wird in all diesen Bereichen groß geschrieben und jeder versucht ein Stück vom großen Nachhaltigkeitskuchen abzubekommen. Schließlich möchte man sich auch damit brüsten können und vor der Gesellschaft, den Kunden oder den Wählern in einem guten Licht stehen.

Doch die Gesellschaft, die Kunden und die Wähler, das sind Wir! Und ob dieses gute Licht, in das sich die anderen stellen, wirklich so nachhaltig ist, ist in den meisten Fällen alles andere als einfach zu durchschauen. Leider stelle ich es immer wieder fest, dass Menschen aus meinem Umfeld nicht in der Lage sind, sich in ausreichendem Maße mit dieser Thematik auseinander zu setzen und die Sachverhalte zu hinterfragen. Dem Großteil der Leute ist es zwar vollkommen klar, dass es notwendig ist, den Weg in die Zukunft auf einem nachhaltigen Weg zu beschreiten, doch bei der Frage wie so ein nachhaltiger Pfad aussehen könne, steigen dann viele aus.
Daher möchte ich mit meinem Vortag versuchen ein allgemein umfassendes Nachhaltigkeitsverständnis zu schaffen. Denn schließlich steht jeder einzelne von uns in der Pflicht, mit den uns zur Verfügung stehenden Ressourcen verantwortungsvoll umzugehen.Nachhaltigkeit Bild

Mit dem Punkt „was ist Nachhaltigkeit“ soll diese allgemeine Betrachtungsweise geschaffen werden, mit der sich jeder in einem gewissen Rahmen mit diesem Thema auseinander setzen und nachhaltige Sachverhalte für sich selbst bewerten kann.

Ein wichtiger Fakt einer allgemeinen Nachhaltigkeitsbetrachtung ist, dass es gar nicht möglich ist, eine exakte Definition dieses Begriffes zu verfassen. Denn Nachhaltigkeit ist subjektiv.
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kann nicht wie andere durch eine einfache Definition umfassend und zutreffend erklärt werden. Vielmehr ist der Nachhaltigkeitsbegriff die Summe zahlreicher Definitionsansätze, welche die unterschiedlichen Elemente der Nachhaltigkeit berücksichtigen.

Damit aber eine solche Einschätzung überhaupt erst möglich ist, sind gewisse Betrachtungsweisen und Denkprozesse erforderlich, auf die mit Hilfe von verschiedenen Beispielen eingegangen wurde.

Rahmenbedingungen sind dabei unter anderem:

– Nachhaltigkeit ist nicht zu verwechseln mit Klimaschutz

Der Klimaschutz ist nur ein Unterbereich des Umweltschutzes, welcher einen Teil der Nachhaltigkeit darstellt. Eine Nachhaltigkeitsbetrachtung darf sich also nicht nur auf die Schadstoffemissionierung beschränken.

– Das Gesamtsystem muss zunächst erst einmal verstanden und vollständig betrachtet werden

Am Beispiel eines Produktionsprozesses für Kraftfahrzeuge mit Elektroantrieb:
In vielen Fällen beginnt und endet die nachhaltige Betrachtung mit dem Aufstellen einer Ökobilanz, welche die Schadstoffemission von konventionell angetriebenen Fahrzeugen, mit denen mit Elektroantrieb vergleicht. Das Ergebnis ist selbstverständlich wenig aussagekräftig.
Diese Ökobilanz wird dann gerne damit erweitert, dass die Erzeugung der elektrischen Leistung, zum Aufladen der Akkumulatoren, mit aufgenommen und den Herstellungsprozessen konventioneller Kraftstoffe gegenüber gestellt wird. Über die Zusammensetzung der momentanen Energieerzeugung, die nur zu ungefähr 25% aus erneuerbaren Energien besteht, von denen viele ebenfalls einer gewissen Schadstoffemissionierung unterliegen, fällt die Überlegenheit der Elektroantriebe schon deutlich geringer aus.
Jedoch wird bei dieser Betrachtung immer noch die Herstellung der Akkumulatoren und der Elektromotoren, sowie deren Entsorgungsproblem unterschlagen. Somit rangiert der Elektroantrieb nur noch mit einem geringen Schadstoffvorteil in der Ökobilanz vor dem Verbrennungsantrieb.

Es gilt aber dennoch zu erwähnen, dass weitere Verbesserungen nachhaltiger Projekte nur durch stetige Weiterentwicklung erreicht werden kann. Dies erfordert Zeit, Geld und enorme Mühe.

– Nachhaltigkeit bedarf einer umfassenden Betrachtungsweise in allen Lebenszyklen

Am Beispiel des Elektroantriebes im vorherigen Punkt, wurde schon angedeutet, dass alles, was wir besitzen, eine Vorgeschichte und ein Leben danach hat.
Dies Beginnt meist schon mit dem Abbau und dem Weitertransport von Rohstoffen.
Hierbei ist nicht nur der Aspekt von freiwerdenden Schadstoffen zu betrachten, sondern auch die Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte vor Ort oder wie viel Naturstoffe bewegt werden müssen, um an die gewünschten Ressourcen zu gelangen.
Aber auch die Entsorgung von Konsumgütern, die bei der Herstellung einen chemischen Umwandlungsprozess durchlaufen haben, gestaltet sich heute noch, als keine leicht zu lösende Aufgabe.

– Nachhaltigkeit ist nicht nur bei Gütern und der Umwelt anzuwenden

Somit hat Nachhaltigkeit nicht nur in der Ökonomie und Ökologie ihre Daseinsberechtigung, sondern ebenso bei jedem von uns selbst, also der globalen Gesellschaft.
Mit dem Drei-Säulen-Modell sollen diese drei Bereiche in einer symbiotischen Beziehung zueinander betrachtet werden. Wichtig ist dabei, dass alle drei Bereiche als gleichberechtigt anzusehen sind. Es muss also versucht werden, eine Balance zwischen allen Bereichen zu erreichen.3Säulen

– Verschiedene Informationsquellen suchen und jede einzelne hinterfragen

Um sich über ein bestimmtes Produkt oder Ereignis zu informieren und seine eigenen Schlüsse daraus zu ziehen, genügt es nicht einen kurzen Testbericht zu lesen oder einen zweiminütigen Nachrichtenbeitrag anzuschauen.
Jede Quelle, die uns in den Medien Informationen präsentiert, verfolgt damit ein gewisses Ziel. Es soll die Meinung des Lesers respektive Zuschauers beeinflusst werden.
Um sich einen Überblick über die Gesamtsituation zu verschaffen und seine Meinung unabhängig und umfassend bilden zu können, ist es unabdingbar mehrere Informationsquellen aus verschieden Lagern zu rate zu ziehen, zu hinterfragen und dann zu einem schlüssigen Ganzen zusammen zu setzen.

– Nachhaltigkeit ist Vernünftiges, verantwortungsbewusstes und ganzheitliches Denken und Handeln

Besonders wichtig an diesem Punkt ist mir persönlich das Wort „Handeln“. Der Kreis schließt sich nämlich erst, wenn die nachhaltigen Betrachtungsweisen und Erkenntnisse auch umgesetzt und von einem selbst gelebt werden.

Am Ende wurde noch auf einige aktuelle Nachhaltigkeitsprojekte, wie z.B. erneuerbare Energien, Biokraftstoffe, Aquakulturen, Fracking oder grüne Gentechnik, eingegangen und diese hinterfragt.

Diese Begriffe sind seit einigen Jahren keine Unbekannten mehr und jeder hat seine eigene Meinung dazu. Aber im Zusammenhang mit einer nachhaltigen Entwicklung, müssen ebenfalls deren Negativauswirkungen auf Mensch, Wirtschaft und Umwelt betrachtet werden.

Am Beispiel von Aquakulturen soll dies in diesem Bericht verdeutlicht werden:

Weltweit steigender Fischkonsum soll durch Aquakulturen kompensiert werden. Fische, Muscheln, Krebse und Algen werden unter kontrollierten Haltungs- und Aufzuchtbedingungen in Unterwasserfarmen gezüchtet. Rund 50 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte werden inzwischen in Süßwasser- und Meereszuchten erzeugt, was fast der Hälfte des weltweit konsumierten Speisefisches entspricht.

Obwohl Aquakulturen zum Ziel haben den Fischbestand nachhaltig zu fördern und zu unterstützen, bewirken sie oft das Gegenteil.

Negative Auswirkungen der Aquakulturen:

– Vernichtung der Mangrovenwälder

Auf den Philippinen sind für die Errichtung von Shrimpszuchten zwei Drittel der Mangrovenwälder abgeholzt worden. Ihre Zerstörung hat massive Folgen für die mit ihnen verbundenen Ökosysteme, für den Küstenschutz und die Fischerei.

– Verschmutzung der umliegenden Gewässer

Die meisten Aquakulturen auf internationalem Niveau befinden sich in offenen Systemen, bei der die Anlage mit der natürlichen Umgebung in direkter Verbindung steht (z.B. Netz- oder Gittergehege). Bei dieser Systemart verschmutzen absinkendes Futter und Fäkalien den Meeresboden unter den Gehegen.

– sehr großer Medikamenten- und Pestizideinsatz

Krankheiten verbreiten sich schneller, da sich viele Tiere auf engem Raum befinden. Diesem Problem soll mit großen Mengen von Antibiotika und Pestiziden, die bestimmte Pilze und Erreger abtöten sollen, entgegengewirkt werden. Durch die offenen Gehege, gelangen diese Mittel aber auch in die umliegenden Gewässer und belasten diese mit örtlich bedingten hohen Konzentrationen.

– hoher Energieaufwand

Einige in Aquakulturen gezüchtete Arten benötigen regulierte Temperaturen oder Wasserzufuhr, was zu einem hohen Energie- und Wasserbedarf führt.

– Fütterung

Zur Fütterung wird häufig Fischmehl oder Fischöl verwendet, was wiederum aus der Fischerei aus wildlebenden Beständen stammt. Dabei sind die meisten Aquakultur-Arten keine guten Futterverwerter: Zur Produktion von einem Kilogramm Lachs benötigt man beispielsweise ca. vier Kilogramm Fischeiweiß. Pro Kilogramm Thunfisch werden ca. 20 Kilogramm tierisches Eiweiß gebraucht.

– Gefährdung der Wildbestände

Hin und wieder brechen Zuchtfische aus den Zuchtanlagen aus und vermischen sich mit wild lebenden Artgenossen. Zuchtfische haben aber meist ein verändertes Genmaterial im Vergleich zu den wilden Fischen, was zu weiteren Erbgutveränderungen führen kann. Zudem können Krankheiten von den Farmen auf die Wildpopulationen übertragen werden.
Außerdem werden viele Aquakulturen auch dort errichtet, wo ihre eigene Art nicht heimisch ist, sodass es auch zu Zerstörungen des natürlichen Gleichgewichtes kommen kann.

Doch nicht alle Methoden zur Zucht in Aquakulturen haben schädliche Auswirkungen und sind ökologisch bedenklich: Es gibt auch umweltfreundliche Fischzuchten. Der Verbraucher kann sich dabei an Bio-Siegeln wie „Naturland“ und „Bioland“ orientieren, die es inzwischen auch für Zuchtfisch gibt.

 

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